Objektive

Man kann die tollste Kamera haben, wenn das Objektiv nichts taugt, werden die Bilder mäßig, der Spaß am Knipsen bleibt verhalten. Davon können Fotoenthusiasten, deren Geldbeutel nicht so prall ist od. jene, die sich Budgetgrenzen gesetzt haben, nicht genug stöhnen. Schaut man sich die Preise heutiger Hochleistungsobjektive an, kommt man schnell zu dem Schluss, dass man unter 500,-€ gar nicht erst anfangen braucht. Denn die Billigheimer bringen nichts, das hat der Knipser schmerzlich erfahren.
Seit der Erfindung der Fotografie 1839 wurden unterschiedliche Objektive benutzt. Galt es zunächt, das Abzubildende möglichst detailgetreu und mit dem nötigen Kontrast aufzunehmen, rückte die Frage der passende Linse mehr und mehr in den Blickwinkel der Fotografen zur Realisierung ihrer gestalterischen Intentionen. Objektive aus vordigitaler Zeit sind günstiger zu haben und sind spannend bei der Benutzung an den alten Kisten oder adaptiert auf moderne DSLRs. In der Folge werde ich einige vorstellen, die mir irgendwie bemerkenswert erscheinen.

Das wohl bedeutendste Objektiv des 20. Jahrhunderts ist das Tessar, auch „Adlerauge der Fotografie“ genannt. 1902 patentiert durch den Konstrukteur Paul Rudolph erfuhr es über die Jahrzehnte etliche Ausführungen für unterschiedlichste Fotoapparate. Das Konstruktionsprinzip jedoch blieb nahazu unverändert. In der Literatur spricht man zwar von einem abgewandelten Triplet, allerdings besteht es aus vier Linsen, von denen die letzte Gruppe miteinander verkittet ist. Anfangs konnte nur eine Lichtstärke von 6,3 erreicht werden. Mit der Verbesserung der Glassorten, neuen Vergütungsverfahren und neuen Berechnungen wurde erreicht, die Lichtstärke schrittweise zu verbessern.

Doch erst nach dem Krieg gelang es Carl Zeiss Jena, mit Lichstärke 2,8 brauchbare Ergebnisse zu erzielen. Die Versuche vor dem Krieg konterkarierten mangels begrenzter technischer Möglichkeiten die damals schon legendäre Abbildungsleistung. In der DDR war das Tessar das Objektiv für die Massen, das mit vielen Prakticas und Exaktas ausgeliefert wurde. Andere Hersteller bedienten sich und gaben ihren Vierlinsern eigene Namen: ElmarIndustarPrimotarSkoparXenar uva. Heutztage ist man bei traditioneller Fotografie mit der Linse noch immer auf der sicheren Seite, vorausgesetzt, es ist nicht vepilzt, die Blende funktioniert und Staubpartikel halten sich in Grenzen. Beim Umgang mit verschiedenen Objektiven dieses Typs konnte der Knipser freilich feststellen, dass die Qualität gewissen Schwankungen unterworfen ist. (siehe auch: www.zeissikonveb.de – Tessar)

80mm Tessar an einer Reflex-Korelle, Bj. 1938

Möglicherweise gibt es Toleranzen hinsichtlich der Qualität oder die Glasoberflächen haben bei manchen Teilen gelitten, denn ein UV-Filter zum Schutz war früher zumeist den Profis vorbehalten.

Quelle: Wikipedia

Verantwortlich für den Charakter eines Bildes ist das Objektiv, ein Konstrukt bestehend aus einem Rohr und einer gewissen Anzahl von optischen Linsen. Das 100mm Trioplan (1951-66) ist ein recht einfacher Dreilinser, der nicht zuletzt wegen des niedrigen Preises beliebt war. Was damals als billigend hingenommen wurde, gilt heute als absolut abgefahren: ein spaciges Bokeh und duftig weiche Zeichnung bei Offenblende (f/2,8, also recht lichtstark) mit zum Rand abnehmender Schärfe erlauben Bilder von verblüffender Eigenheit. Mittels entsprechender Adapter lassen sich heuer alte Objektive an modernen Kameras benutzen. Auf die zeitgemäßen Errungenschaften wie Belichtungsautomatik u. Autofokus muss der Knipser freilich verzichten.

Das Trioplan wurde erstmals 1916 als Weiterentwicklung des englischen Cooke-Triplet v. Meyer-Optik Görlitz vorgestellt, einer Firma, die 1896 von Hugo Meyer gegründet bis zum Untergang der DDR 1990 relativ eigenständig existierte. Am 3. Oktober 1990, drei Tage vor der Photokina, liquidierte die Treuhand das in Form einer GmbH reprivatisierte Unternehmen „Meyer-Optik“.
Die hier abgebildete Trägerkamera ist eine Praktica IV, die in den Jahren 1959/60 gefertigt wurde. Gerade 15.000 Stück wurden von dem Modell hergestellt. Die Bilder entstanden mit einer EOS 600D bzw. einer Fujifilm X-H1 (Bild1).
Nachtrag: Globell Deutschland erweckte die alte Firma Meyer-Görlitz zu neuem Leben und legte das Trioplan 2015 neu auf. Abgabepreis des Herstellers: 1499,-€.
Nachtrag 2023: Inzwischen gibt es chinesisches Triopplan/ M42 (!) der Marke TTArtisan für unter 200€, das in den Testberichten gut wegkommt. Freilich darf man von einem Dreilinser nicht zuviel erwarten.

Quelle: Wikipedia

Canons Tele-Zoom 100-300mm für FD-Bajonett ist mit Offenblende 5,6 nicht sonderlich lichtstark. Es ist also ein Schönwetterobjektiv für draußen, zumal es aus einer Zeit kommt, als an Bildstabilisatoren noch nicht zu denken war und man bei dieser Brennweite aus der Hand nicht unter einer 250stel Sekunde fotografieren sollte. In der großen Bucht für unter 40,-€ gesehen, war es mir das Abenteuer wert. Das Teil ist ein echtes Tele und reale 30cm lang. Mittels eines verschiebbaren Tubus‘ lässt sich zwischen den Brennweiten 100 und 300mm stufenlos schieben. Bei ca. 150-250mm sind die Bilder auch bei Offenblende (wenn man f/5,6 überhaupt so nennen kann) knackscharf. Bei vollen ausgefahrenen 300mm muss man schon sehr genau fokussieren, aber mit etwas Geschick gelingen durchaus brauchbare Bilder.

Motive werden mit dieser „analogen“ Linse schön frei gestellt, wie es für den digitalen Knipser von heute eigentlich ganz normal ist. In jedem Fall ist es ein Hingucker, wenn man mit dem Rohr in der Öffentlichkeit auftaucht. Die Bilder entstanden mit einer Canon AE1, der ersten Kamera der Welt mit einer prozessorgesteuerten Belichtungsautomatik, die 1976 von den Japanern vorgestellt wurde.


Das Asahi Super-Takumar wurde ursprünglich mit der Pentax Spotmatic ausgeliefert. Mit Blende 1,8 ist es als lichtstark zu bewerten. Die Linse ist mit Automatik-Springblende ausgestattet, die mittels Hebelchen auf „manuell“ umschaltbar ist. Während bei Pentacon und der Ihagee in den 60ern meist Tessare, Vierlinser mit einer verkitten Linse, oder das einfach-dreifache Domiplan als Kit-Objektiv Verwendung fanden, verließen sich die Japaner zur Vermarktung der Spotmatic auf dieses kleine sechslinsige Objektiv. Die Abbildungsleistung ist legendär. Mit Zwischenringen lassen sich Makros knipsen, die ein zehnmal teureres Makro-Autofocus-Objektiv v. Sigma&Co kaum besser hinkriegt. Per Adapter habe ich es mit einer EOS 600D von Canon getestet.

Quelle: Flickr

Erste Probeaufnahmen von blühendem Rosmarin auf dem Balkon versetzten den Knipser in Entzücken, das durch weitere Fotos in der Natur gestärkt wurde. Das Fokussieren von Hand gestaltet sich etwas schwierig, da moderne Kameras keine der alten Helferlein, Fresnel-Linse, Messkeile u.ä., zur Verfügung stellen. Ruhe und ein gutes Auge sind eine der Voraussetzungen, um Spaß zu haben und am Ende akzeptable Bilder zu erzeugen. Ein Test an der Original-Kamera mit Foto-Film gibt es jetzt hier zu sehen


Nikon hatte sich frühzeitig um die Herstellung eigener Objektive gekümmert und konnte Mitte der 70er Jahre auf einen reichhaltigen Erfahrungsschatz zurückblicken. 1977 brachte der Hersteller ein Nikkor 50mm-Objektiv heraus mit der heute immer noch beachtenswerten Lichtstärke von 1,4. Es geht gar nicht darum, mit Offenblende eine hohe Lichtausbeute zu bekommen. Die Tiefenschärfe beträgt bei derartig großer Objektivöffnung nur wenige Zentimeter. Vielmehr ermöglicht solch eine Linse bei relativ geringem Blendwert, also 2,8 oder 4, eine Schärfeleistung zu erreichen, die mit weniger lichtstarken Objektiven kaum und mit diversen Zooms schon gar nicht zu machen ist. Ein Testfilm, abgeknipst auf dem Gelände des Finowfurter Luftfahrtmuseums, ließ dann auch keine Wünsche offen.

Nach den Recherchen im Internet handelt es sich um einen Gauss-Typ mit sieben Linsen. Diese symmetrisch angeordnete Bauform wurde mit einer zusätzlichen Linse versehen und war seinerzeit von einigen Anbietern am Markt platziert worden. Warum das vorliegende Modell in manchen Testberichten weniger gut wegkommt, erschließt sich nicht so recht. Verglichen mit anderen Linsen waren die Ergebnisse, die auf dem Flugzeugpark erzielt wurden, mehr als zufriedenstellend.


Länger schon war der Knipser virtuell um das ukrainische Zodiak 8B-R 30mm für P-Bajonett herum geschlichen. Allein der Preis schreckte ab. Unter 200,-€ war einfach nichts zu machen. Genauso verhielt es sich mit dem MC Arsat, dem nahezu baugleichen Nachfolgemodell, dass nach dem Untergang der Sowjetunion vom Hersteller 1992 einen neuen Namen erhielt. Doch das Sammlerglück kennt skurrile Lösungen. Ich entdeckte beim Durchforsten der Bucht ein Angebot. Ein Privatier aus Westdeutschland verkaufte ein „Mir“ mit 30mm Brennweite. Nach den Abbildungen musste es sich um einen Fehler handeln, denn eine Linse dieses Namens gibt es lt. Internetrecherche nur in 45mm und 65mm. Kein Zweifel, es musste sich um ein Arsat od. Zodiak handeln. Für gut ein Viertel des üblichen Preises kam das Glas in meinen Besitz und es ist tatsächlich ein Zodiak, wie es deutlich auf der Sonnenblende zu lesen steht: зодиак!
Ein Glücksfall für den, der in der Schule kyrillische Buchstaben gelernt hat.
Die sowjetische Wirtschaft hatte innovatives Potential, wenn es um Raumfahrt und Rüstung ging. Bei Konsumgütern kupferten die Ingenieure lieber bei großen Vorbildern.

Quelle: http://www.pentaconsix.com/30mmpt1.htm

Das Zodiak ist ein Nachbau des Carl Zeiß Distagon aus westdeutscher Produktion, entwickelt für Hasselblatt. Die Kiew 88 ist an die Hasselblatt angelehnt. Bei der Kiew 60 bedienten sich die Ukrainer beim kleinen Bruder DDR. Sie sieht der Pentacon Six sehr ähnlich u. besitzt das gleiche Objektivbajonett. Warum also nicht einen entsprechenden Anschluss an die Linse montieren. Objektive aus sowjetischer Fertigung haben nicht den schlechtesten Ruf, sieht man von den enormen Fertigungstoleranzen ab. Nutznießer waren nicht nur Besitzer der Six in der DDR oder Sowjetbürger mit einer Kiew 60, sondern auch solvente Bewohner des NSW (nichtsozialistisches Wirschaftgebiet), die mit einer Exakta 66 fotografierten, einer Mittelformatkamera mit P-Bajonett, die ab 1984 in Nürnberg gefertigt wurde, für die Dresden immerhin den Rahmen lieferte. Soweit zur Historie.
Das Zodiak ist ein Super-Weitwinkel, auch Fisheye genannt. Der Aufnahmewinkel ist mit 180° an der Grenze des physikalisch Machbaren. Damit einher geht eine deutliche Verzeichnung der Linien zum Rand hin, daher der Terminus „Fischauge“.

30mm Brennweite entsprechen in etwa 15mm für Kleinbild bzw. Vollformat, was schon ein extremer Wert ist. Diesen Umstand muss der Knipser berücksichtigen, will er sehenswerte Bilder schießen. Mit etwas Geschick bei der Wahl des Motivs lassen sich die typischen „Fischaugen“-Effekte minimieren oder aber als Gestaltungsmittel einsetzen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.


„Bei diesem Objektiv für das 6cmx6cm-Format handelt es sich um eine Weltspitzenleistung von sehr kurzer Brennweite“, schrieb Egon Brauer in seinem Buch „Foto-Optik“. Selten konnten Autoren bei der Beschreibung von Produkten der DDR in dergleichen Jubel ausbrechen. Es sei Brauer vergönnt, denn ganz unrecht hat er nicht. Das Flektogon 50mm für P-Bajonett besticht auch heute noch durch seine Abbildungsleistung und geringe Verzeichnung. Stürzende Linien erzeugt jedes Weitwinkel, das ist normal. Hier ist der Knipser gefordert, diese als Mittel einzusetzen oder in der Dunkelkammer durch Anschrägen der Papierunterlage auszugleichen (Die Funktion der Entzerrung gibt es in den meisten Bildbearbeitungsprogrammen ebenso.)

Erstmalig wurde die Linse 1950 von Carl-Zeiss-Jena als 35mm-Variante vorgestellt. Hier hatte die DDR die Nase vorn und das Glas wurde später von etlichen anderen Herstellern nachgebaut. Carl-Zeiss West (Oberkochen) wartete erst drei Jahre später mit einem ähnlichen Objektiv, dem Distagon, auf, dass als Zubehör für Hasselblad-Kameras geliefert wurde.
Das Flektogon ist das erste Objektiv mit kurzer Brennweite und langer Schnittweite, gemeint ist der Abstand des Bildes von der letzten optischen Oberfläche, d.h. der letzten Linse.
Das Ergebnis sind Fotos mit brachial anmutender Schärfe und einer großen Tiefenwirkung.

Quelle: Wikipedia

Dieser Effekt wird durch die Verwendung eines Gelbfilter (nur bei S/W-Film) noch verstärkt. Die Blauanteile, wie z.B. Himmel, die monochromes Filmmaterial in der Regel nur als weiß wiedergeben kann, werden abgedunkelt, während die Wolken hell bleiben. Ähnliches passiert mit der Umgebung. Mauerwek, welches häufig einen hohen Gelb- oder Rotanteil hat, wird aufgehellt, während Pflanzen leicht abgedunkelt werden. Dadurch entstehen hohe Kontraste, die den Bildern eine stärkere Dynamik verleihen.


Die Ergebnisse haben nicht enttäuscht. Ein weiterer Vorteil: Das Teil ist angenehm unauffällig und eignet sich daher bestens für Straßenfotografie.Bei einem minimalen Entfernungsbereich von drei Metern sind Nahaufnahmen ohne Zwischenringe ausgeschlossen.
Die Enna-Werke produzieren schon lange keine Objektive mehr. Eigentlich schade, denn in den 50er und 60er Jahren gehörten sie zu den beliebtesten Gläsern der alten Bundesrepublik, preiswert und gut.

Nach meinen Recherchen handelt es sich um ein Tele-Ennalyt aus München, dass für Porst gelabelt wurde. Derlei fremd gelabelte Objektive stehen weniger im Fokus der Sammlergemeinschaft, sind jedoch sauber gefertigte Linsen mit einer ordentlichen Abbildungsleistung. Mit kleinstem Blendwert 4,5, ein Wert, der selbst heute bei längeren Brennweiten völlig normal ist, sollte ausreichend Licht zur Verfügung stehen. Ein wenig abgeblendet ist das vorliegende Modell zu beachtlichen Schärfen in der Lage. Selbst bei Offenblende entstehen wirklich brauchbare Bilder.Das Enna ist für seine Brennweite, seine Metallkonstruktion und seine fünflinsige Bauweise erstaunlich zierlich und leicht, was bei einer ersten Begutachtung wenig Vertrauen erweckte. Ein kurzer Test an der Digitalen beruhigte mich jedoch und so wurde es mit Film zum Einsatz gebracht.

Quelle: www.photobutmore.de

Es ließ sich kaum etwas heraus bekommen über das japanische Accura Supertele 300mm, dass da gewissermaßen als kostenloser Beifang zu einer MTL50 ins Haus geflogen war.

Folglich ging der Knipser davon aus, dass es sich um eines der üblichen OEM-Billigrohre handelt, wie es früher von den Versandhäusern vertrieben wurde.
Daher war von minderer Abbildungsleistung mit entsprechenden Fehlern, Farbsäumen, Unschärfen u. ähnlichem auszugehen. Beim Test mit der Digitalen schien sich eine gewisse Kontrastarmut zu zeigen, wobei es sich, darauf sei nebenbei verwiesen, um einen trüben Januartag handelte. Das Bildbearbeitungsprogramm bügelt solche Defizite natürlich problemlos aus. Ansonsten sind die Ergebnisse nicht schlecht. Insbesondere hinsichtlich Schärfe sind die Fotos zufrieden stellend. Mit einem Tamron 70-300mm gab es da gelegentlich mehr Probleme. Auch die Umwandlung in monochrome Bilder ist eine brauchbare Option. Aufgrund der dürftigen Quellenlage muss ich ein Schnittbild vorerst schuldig bleiben.