Canon T-Serie

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Mit der T50 startete Canon im März 1983 eine neue Serie, die dem Einbruch der Umsätze im Bereich Spiegelreflexkameras begegnen sollte. Anfang der 80er Jahren waren Kompaktkameras stark in Mode gekommen, die aufgrund der sich entwickelnden Mikroelektronik immer mehr konnten. Konica hatte 1977 mit der C35 AF die erste Kleinbildkamera mit Autofokus auf den Markt gebracht. Knipsen war für den Otto-Normalverbraucher zum Partygag geworden, selbst einen Elektronenblitz hatte das Modell an Bord, so dass die Anschaffung einer vergleichsweise komplizierten SLR für das Ablichten der durchschnittlichen Familienfeier nicht mehr nötig war.

Canon begegnete dem Trend, indem man den Apparaten Belichtungsvollautomatiken und Motorwinder spendierte. Erweckten die Modelle der A-Serie durch verchromte Plastikkappen noch den Eindruck einer gewissen Wertigkeit, waren die Gehäuse der T-Serie nunmehr vollkommen aus Kunststoff.
Die T50 ist ganz klar eine Einsteigerkamea, bei der man nur scharfstellen und auf den Auslöser drücken brauchte. Mit dem Autofokus ließen sich die Japaner Zeit, wenngleich die Technologie längst bekannt war (s. AL-1). Erst die T80 zwei Jahre später wurde mit jener technischen Segnung bedacht.


Ein Jahr später fogte die T70. Sie hatte etliche Features der AE-1 Program übernommen, besaß immerhin einen Motorwinder und, erstmalig bei einer Canon, eine Flüssigkeitsanzeige. Sämtliche Parameter inkl. des Zählwerks konnten dort abgelesen werden. Die Einstellungen wurden über Schieberegler vorgenommen. Eine Rückspulkurbel benötigte man auch nicht mehr, nach 36 Aufnahmen schiebt der Motor den Film zurück in die Patrone. Das hat den Nachteil, dass man Streifen, wie z.B. von Fomapan, die werkseitig etwas länger sind, zuweilen nicht voll ausnutzen kann.

Nachdem ich ein weiteres Modell erworben hatte, durfte ich feststellen, dass jner Apparat in der Lage war, 38 Aufnahmen zu belichten. Möglicherweise handelte es sich jedoch um einen Defekt. Durch cleveres Einlegen bei einer Kamera mit manuellem Transport schafft man mit so einem Film bis zu vierzig Aufnahmen.
Die Gehäuse der T-Serie sind keine Verkörperung ästhetischen Industriedesigns, kurz – sie sind hässlich. Noch war man beim FD-Bajonett geblieben. Wie an anderer Stelle bemerkt, waren die Original-Linsen von Canon schon damals von ausgesuchter Qualität.


Mit der T80 gelang es Canon 1985, endlich sein erstes Modell mit Autofocus zu konstruieren. Andere Marken waren, wie bereits erwähnt, längst auf der Überholspur. Entsprechend halbherzig verfolgte der Hersteller das Konzept, geeignete Objektive mit FD-Anschluss zu entwickeln. Zwei Zoom-Objektive, 35-70mm und 75-200mm, sowie eine 50mm Festbrennweite wurden angeboten, die sich recht klobig ausnahmen, dabei äußerlich keine Metallteile oder Gummierungen besaßen. Wüsste man es nicht besser, würde man die Linsen eher einem russischen Hersteller zuordnen.

Zusammen mit Objektiv ist die T80 ein ganz schöner Brocken und macht aufgrund der veralteten – im Gegensatz zu wirklich alter – Technik keinen besonderen Spaß. Der AF ruckelt vor sich hin mit einer gefühlten Treffsicherheit von fünfzig Prozent. Die Belichtungswerte lassen sich nicht manuell einstellen, sondern lediglich über vier Motivprogramme beeinflussen. Mit einem normalen FD-Objektiv, bei dem sich die Blende verändern lässt, erzielt man sicher bessere Ergebnisse und benutzt die T80 wie einen Zeitautomaten.
Ein Jahr später war Schluss mit dem Experiment und 1987 erblickte die erste EOS mit neuem Bajonett das Licht der Welt. Die T-Serie schaffte es auf weitere zwei Kameras, von denen die T90 als Spitzenmodell zu bewerten ist. Professionellen Ansprüchen konnte sie durch den fehlenden Autofokus nicht gerecht werden (s. unten).


Die Canon T90 wurde im Februar 1986 vorgestellt und war das Spitzenmodell der Reihe. Vollgepackt mit Elektronik sollte sie maximalen Bedienkomfort zur Verfügung stellen. Einzig die Fokussierung blieb dem Lichtbildner vorbehalten. Canon verpasste mit der T90 den Anschluss an die Weltspitze. Nach dem halbherzigen Versuch der T80 wäre es längst an der Zeit gewesen, die Weiterentwicklung des Autofokus‘ voran zu treiben, wie es 1981 Pentax mit der ME F und 1983 Nikon mit der F3 AF vorgelebt hatten.
Die T90 ist sehr anfällig gegen Alterungsprozesse. Sie besitzt eine Pufferbatterie für diverse Speicherfunktionen.

Ist die alle, geht nichts mehr und das Teil muss in die Werkstatt. Ein stoisches „EEE“ im Display verweist darauf. Nach Internetrecherchen kann es ebenso gut ein verharzter Verschluss oder ein in die Jahre gekommener Magnet zur Spiegelrückholung sein. So erging es dem Knipser nach dem Erwerb einer Kamera in „gutem Zustand“, die glücklicher Weise vom Anbieter zurück genommen wurde. Die T90 ist, obwohl Massenerzeugnis, auf dem Gebrauchtmarkt verhältnismäßig teuer (um 100€ – Stand 2019). Canons ein Jahr später erschienene EOS 650 hingegen, ähnlich ausgestattet, jedoch mit neuem Autofokus EF-Bajonett, ist meist für gerade die Hälfte zu haben.


Höchst eigenartig in der Modellpolitik des Konzerns ist die Canon T60, die 1990 drei Jahre nach dem neuen EOS-System vorgestellt wurde. Sie wurde bei Cosina gebaut und war vollständig manuell zu bedienen, passte so gar nicht mehr in die Trends der beginnenden 90er. In Japan kam sie erst gar nicht auf den Markt. Die T60 ist ein rechtes Leichtgewicht. Mit Objektiv bringt sie gerade mal 531g auf die Waage.
Immerhin verfügt der Apparat über eine automatische Zeitsteuerung. Überdies können die Zeiten von 1s bis 1/1000stel von Hand gewählt werden.

Dass es spätestens zu diesem Zeitpunkt kaum noch darauf ankam, welchen Kamerbody man benutzte, beweisen erste Testphotos, die wahlweise mit einem 35-70 Zoom und einer 50mm Festbrenne gemacht wurden. Beide Objektive können ebenso gut an der A-1 oder AE-1 verwendet werden. Die Bildergebnisse unterscheiden sich kaum voneinander.
Bittere Pille bei der T60: ohne Strom geht nix. Die benötigten LR44 Knopfzellen gibt es auch nicht an jeder Ecke, so dass man sich vor einer Reise ordentlich eindecken sollte.