…und die Chinesen
Bis heute sperrt sich Canon davor, Drittanbietern von Objektiven die Genehmigung zur Verarbeitung des zuletzt vorgestellten RF-Bajonetts zu erteilen. Stattdessen vermarktet man lieber die eigenen Produkte, die entweder hochwertig, dafür teuer oder von den Werten her mäßig, dafür nicht ganz so teuer sind. Ordentlich Geld kosten auch sie allemal. Schon der Klassiker 50mm/1,8 ist mehr als doppelt so teuer wie die alte EF-Version.
Allein, die Chinesen scheren sich recht wenig um die Auflagen der Japaner. Schafften es schon Viltrox, ihre 85er Linse Lichtstärke 1,8 neben Fuji und Sony auch für das RF-Bajonett vollformattauglich in den europäischen Handel zu bringen, schickte sich Meike an, diese begehrte Portraitbrennweite gleich in doppelter Ausführung zu veröffentlichen. Zum einen gibt es das Modell mit manueller Fokussierung, dafür aber mit Makrofunktion. Zum anderen als Autofokusversion mit einer recht hohen Naheinstellgrenze, beide unterhalb von 250,-€. Leider gibt es keine Mischung aus beiden, weshalb letzteres in die nähere Wahl des Interesses rückte. Die Besprechungen der bekannten Youtuber fallen sehr unterschiedlich aus und die großen Reviewer von Chip bis Digitalkamera.de halten sich vornehm zurück. Man will keinen Ärger mit einem wichtigen Werbekunden. Fotografix berichtete, dass Canon der Überzeugung ist, „dass diese Produkte ihre Patent- und Geschmacksmusterrechte verletzen und hat das Unternehmen (gemeint ist Viltrox) daher aufgefordert, alle Handlungen einzustellen, die die geistigen Eigentumsrechte von Canon verletzen.“1 Zu einem unlängst angekündigten Meike 85er/1,4 heißt es: „Wir prüfen jede Herstelleranfrage sorgfältig. Im aktuellen Fall hat Canon keine Genehmigung zur Herstellung und zum Verkauf von Objektiven mit RF-Mount an Meike erteilt.“2 Das 85mm/1.8er ist nach wie vor im deutschen Fachhandel zu kriegen, bei dem hoch gelobten Viltrox gestaltet sich die Angelegenheit inzwischen schwierig.
Eh nun auch die Meike-Scherbe aus dem Online-Handel verschwindet, habe ich mir das Teil für 249,-€ als AF-Version bei Foto-Gregor bestellt. Als wirklich einschränkend ist die Naheinstellgrenze von einem knappen Meter zu sehen. Auch die Schärfe ist vielleicht nicht ganz so knackig, wie beim Bruder Viltrox. Der Autofokus arbeitet eher gemütlich und ist zudem nicht ganz geräuschfrei. Das Canon hauseigene Pendant mit Lichtstärke 2.0 kostet mehr als das Doppelte und gilt dennoch als „preiswert“. Also wird die Meike-Linse vorläufig in das heimische Arsenal integriert, denn rein äußerlich wirkt sie ordentlich und hochwertig gefertigt. Die Abbildungsfehler, wie CAs und eventuelle Verzerrungen müssen gegebenenfalls in der Nachbearbeitung korrigiert werden. Vignettierung ist beim vorliegenden Exemplar im Übrigen nicht wahrnehmbar.
1 https://www.photografix-magazin.de/canon-statement-rf-objektive-dritthersteller/
2 https://www.photografix-magazin.de/canon-stellt-klar-neues-rf-objektiv-von-meike-wurde-nicht-genehmigt/