„Das Ende des Blindfotographierens“ titelte die Dresdner Inagee auf einem Werbe-Flyer im Jahre 1936. Dass der Hersteller mit der später sogenannten Kine-Exakta Fotografiegeschichte schreiben würde, war ihm sicher nicht bewusst. Die Firma wurde bereits 1912 von dem Holländer Johan Steenbergen (1886-1967) gegründet und befasste sich mit der Herstellung fotografischer Bedarfsartikel. Schon im Gründungsjahr brachte Steenbergen seine ersten Kameras auf den Markt, die zu der Zeit vielfach noch aus Holz gefertigt wurden. Der Ankauf einer kleinen Tischlerei und seine Erfahrungen als Volontär der Ernemann AG legten den Grundstein für Steenbergens Erfolgsgeschichte.
Um die Jahrhundertwende wurden die ersten einäugigen SLRs vorgestellt, die eine Mischung aus Box und Laufboden- oder Klappkamera darstellten und zunächst mit Planfilm oder Filmplatten bestückt wurden. Der Spiegel wurde nach dem Scharfstellen von Hand hochgeklappt, bevor das Medium belichtet werden konnte. Spätestens ab Mitte der 20er Jahre beteiligte sich Steenbergen an der Entwicklung derlei Modelle. Die Klappkamera von 1927 (Foto) mag als Zeichen dafür gelten, welchen Ansprüchen der Holländer sich verpflichtet fühlte.
1887 hatte Hanibal Goodwin den Rollfilm vorgestellt. Zelluloid war das neue Trägermaterial, das den Vorteil besaß, dass gleich mehrere Bilder auf einem „Datenträger“ gespeichert werden konnten. Die Eastman Company (Kodak) klaute das Patent und vermarktete die Erfindung großflächig. Erst zwölf Jahre später gewann der Geistliche und Laienerfinder (15 Patente) Goodwin einen Prozess und erhielt 5 Mio. US-Dollar Entschädigung. Leider gelang es ihm nicht, das Geld zu Lebzeiten auszugeben, denn er starb Silvester 1900.
In der Folge wurden unterschiedliche Filmformate angeboten, von denen der an den Rändern perforierte Kine-Film mit 24 Millimetern Breite der Bemerkenswerteste ist, leitete er doch neben dem weltweiten Erfolg des Kinos den Siegeszug der Kleinbildfotografie ein, der mit Oscar Barnacks Leica, vorgestellt 1925, seinen Anfang nahm.
Bei der Ihagee war man noch nicht ganz so weit. Mit der ersten Exakta, die zur Leipziger Frühjahrsmesse 1933 präsentiert wurde, leisteten die Konstrukteure immerhin Pionierarbeit. Sie war die erste einäugige Spiegelreflexkamera, bei der sich Film und Tuchschlitzverschluss horizontal bewegten.
Wenngleich zunächst der 127er Rollfilm 4,5x6cm Verwendung fand, war die Platzersparnis immens. Der eindeutige Vorteil gegenüber der Sucherkameras von Zeiß und Leitz lag darin, dass man sah was man knipste. Scharfstellen war von nun an nicht mehr einem sauber justierten Schnittbildentfernungsmesser oder den besonderen Fähigkeiten des Knipsers im Entfernungsschätzen vorbehalten. Mit der Etablierung des Kleinbildfilms 36x24mm lag die Verwendung für die neuartigen Apparate geradezu in der Luft. Ob es nun die russische Sport oder die deutsche Kine-Exakta war, die das Material als Erste zum Einsatz brachte, ist bis heute umstritten. Fans sind natürlich von der Überlegenheit der sächsischen Kameraindustrie überzeugt.
Mit Karl Nüchterlein (1904-45) beschäftigte Steenbergen einen Konstrukteur, der ebenso genial wie Oscar Barnack die Zeichen der Zeit erkannte.1936 im Frühjahr wurde die Kine-Exakta in Leipzig vorgestellt, ohne die die Fotografiegeschichte sicher anders verlaufen wäre.
Originale der ersten Serie erzielen heuer vierstellige Wiederverkaufspreise, wenn man überhaupt eine findet.
Bevor es richtig losging mit der Kine-Exakta, entwarf Nüchterlein eine Spiegelreflexkamera, die so ganz anders aussah, als was es bisher in der Richtung gegeben hatte. Der Schlitzverschluss war seit 1860 eingeführt und fand in der Exakta eine Anwendung, wie wir sie bereits von der Leica kennen. Zwei Verschlusstücher laufen horizontal vor dem Film ab. Die Breite des Schlitzes, der über ein Rädchen vorgewählt wird, entscheidet über die Länge der Belichtungszeit.
Vorliegendes Modell stammt vermutlich aus dem Jahr 1935. Nach Erscheinen der Kine-Exakta ein Jahr später erhielt es den Namen Standard. Im Vergleich zum Urmodell von 1933 besitzt der Apparat ein Langzeitenwerk und einen Schnellspannhebel.
Optisch nimmt die Kamera vieles vorweg, was sich bei späteren Exaktas als feste Größe etablieren sollte: Trapezförmiges Gehäuse, Spannhebel und Auslöser auf der linken Seite, Hemmwerk rechts. Auch der Zeitenwahlknopf wird sich im Grunde bis zur Exakta 500 von 1969 nicht mehr ändern.
Geladen wird sie mit dem 127er Rollfilm im Format 4,5x6cm, den es heute tatsächlich wieder zu kaufen gibt. Für das tägliche S/W-Knipsen ist die Standard eher ungeeignet. Ein Film kostet in etwa 12 Euro und bietet dem Anwender ganze acht Bilder.
Eine echte Kine-Exakta, die vor dem 2. Weltkrieg gebaut wurde – S/N 494548, ca. 1. Hälfte 1937 -, ist sicher der Stolz eines jeden traditionellen Lichtbildners oder Sammlers, insbesondere wenn der für die Passion zur Verfügung stehende Teil vom Salär nicht üppig ausfällt. Bisweilen werden solche Schätze von Laien angeboten, ungenügend beschrieben, schlecht bebildert und zu einem ungünstigen Zeitpunkt endend. Da wird der Sammler zum Jäger, wenn es gilt, das gute Stück zum halben Marktpreis zu ergattern.
Nach Hummel und Neuhaus handelt es sich um die 2. verbesserte Version, die ab Dezember 1936 dem Käufer zur Verfügung stand. Maßgebliche Neuerung war das viereckige Sucherauge, dass beim direkten Fokussieren einen größeren Auschnitt der Mattscheibe freigab.
Das gezeigte Modell ist mit einem 3,5er Tessar 50mm ausgestattet. Ob es sich um das originale Kit-Objektiv oder um eine nachträglich angeschaffte Linse handelt, ist schwer einzuschätzen.
Eine Kine mit Bullauge aus der allerersten Generation zu erhaschen, bleibt den Begüterten und Extremisten unter den Sammlern vorbehalten, denn unter 1500,-€ ist mir, wenn übergaupt, kein Apparat begegnet.
Vorliegendes Modell musste zum Kameraservice, wo es neue Tücher erhielt und der verklemmte Verschluss wieder betriebsfähig gemacht wurde. 200,-€, die aus meiner Sicht sinnvoll investiert waren.
Wie andere Dresdner Industriebetriebe auch waren die Produktionsstätten der Ihagee am 13. Februar 1945 fast vollständig zerstört worden. Glücklicherweise hatte man einen Teil der Kapazitäten, Maschinen, Werkzeuge und halbfertige Teile, rechtzeitig ausgelagert, so dass die Fertigung kurz nach Kriegsende wieder aufgenommen werden konnte. Die ersten Nachkriegsexaktas waren technisch noch unverändert. Nach wenigen tausend Stück der Jahre 1945/46 wurde die Schreibweise in Exacta geändert. Diese Modelle gingen fast ausschließlich als Reparationleistungen bzw. später als Exportware an die Siegermächte, vornehmlich in die Sowjetunion.
Die heute auch Reparations-Exakta genannte Kine-Exakta der Jahre 1946-49 hatte oft minderwertige Verchromungen, bei denen schon bald das Messing zum Vorschein kam. Man geht davon aus, dass etwa 35.000 Stück bis zur Gründung der DDR gefertigt wurden, von denen der größte Teil in die Sowjetunion verschifft wurde.
Vorliegendes Modell befindet sich äußerlich in einem Zustand, der eine bewegte Geschichte vermuten lässt. Der fast völlig erblindete, zum Teil zerbrochene Spiegel konnte ersetzt werden und die Verschlusszeiten scheinen plausibel, die Tücher sind dicht.
1949 erschien die Exakta II, deren Veränderungen heute allenfalls als „Facelifting“ bewertet werden würden. Wichtigste Neuerung war die Verlegung der Sucherlupe an den oberen Rand des Lichtschachts, was die Sicht auf die gesamte Mattscheibe gestattete und das Scharfstellen wesentlich erleichterte. Überdies erhielt die Exakta II eine einteilige Frontplatte, während bei den Vorgängern das Logo aus einem extra Blechschildchen bestand. Nach Internetrecherchen dürfte es sich beim abgebildeten Modell um eine Mischung aus Typ 1 (Gewindebuchse für Blitzlampen) und Typ 2 (Frontblech mit Randwulst) handeln. Die Seriennummer verweist auf das Jahr 1949.
Auch wenn in der Litaratur von 18.000 produzierter Einheiten für 1949/50 die Rede ist, ist davon auszugehen, dass davon die wenigsten in den innerdeutschen Handel kamen. Die Nachfrage nach Fotoerzeugnissen war hoch, wurden doch die meisten Produkte für den Export gefertigt. Entsprechend astronomisch gestalteten sich die Schwarzmarktpreise.
Im Gegensatz zum oben abgebildeten Exacta-Modell mit „C“ befindet sich die Exakta II in einem vorzüglichen Zustand und macht dem guten Ruf, den die Ihagee seit den dreißiger Jahren genoss, alle Ehre.
Die Exakta Varex VX ist mit Sicherheit eine der schönsten Kameras der 50er Jahre, technisch präzise mit vielen kleinen Raffinessen, die ohne Anleitung nicht unbedingt gleich entdeckt werden können. Dass man bspw. zum Zurückspulen den dafür zuständigen Knopf im Knopf auf der Unterseite des Gehäuses herein drücken muss, entdeckte der Knipser eher durch Zufall.
Besonderheit bei der Exakta (u. später auch bei der kleinen Schwester, der Exa) – mittels eines Bajonetts wurde die Linse blitzschnell gewechselt. Das konnten weder die „Schraubleica“ noch Kameras mit M42-Gewinde.
Selbst andere Bajonette (Praktina, Altissa, P-Bajonett usw.) waren vergleichsweise umständlich. Man brauchte beide Hände. Mit fortschreitender Technik ließ jenes Konstruktionsprinzip all die kleinen Helferlein zu, die wir heute bei aktuellen DSLRs von Nikon bis Canon schätzen – vollautomatische Belichtungssteuerung und Autofokus. Die Varex löste 1950 die Kine-Exakta ab, die auch nach ’45 noch hergestellt wurde. Wichtigste Neuerung war der auswechselbare Sucher. Das Modell (Varex VX) dürfte um 1952 gebaut worden sein. Hier ein Versuch mit 400 ASA u. available light (ohne Blitz): Drumworkshop m. Thomas Lang u. Tony Royster jr. Ende April 2016 im „Skylive“ in Berlin.
Anfang der 50er ging es ein wenig durcheinander bei den Modellen der Exakta Varex. Mal gab es den Zusatz VX, dann wieder nicht. Letztlich waren die Verbesserungen, die an der Serie vorgenommen wurden, eher marginal. Am besten lässt sich der Typ anhand der Blitzbuchsen einordnen, denkt man. Jedoch verweist bei der Kamera links im Bild die Seriennummer auf ein früheres Modell. Es könnte natürlich ein Umbau sein.
Interessanter ist das Objektiv. Es handelt sich um ein 58mm Biotar mit Springblendenmechanismus von Carl Zeiss, dass 1927 gerechnet wurde.
Anders als bei vergleichbaren M42-Objektiven, bei denen die Blende über den Blendenring aufgezogen wird, befindet sich bei jenen mit Exakta-Bajonett an der Unterseite für diesen Zweck ein Schieberegler. Die Linse ist bekannt für ihre Schärfe und ihr charakteristisches Bokeh. Einzeln sind die Preise vergleichsweise hoch. Klebt eine Kamera dran, kann man es bisweilen für weniger ergattern.
Im Test konnte der lichtstarke Sechslinser (f/2.0) überzeugen.
Eine glückliche Gelegenheit verschaffte mir ein funktionierendes TTL-Prisma aus den 60ern – Belichtungsmessung durch die Linse = erhöhter Fotospaß!
Die Exakta Varex IIa löste die Varex VX ab und ist die Exakta, mit der höchsten Stückzahl produzierter Einheiten. Einige Verbesserungen gab es hinsichtlich der Filmkammer, des Zählwerks u. bei der Geräuschdämmung der langen Verschlusszeiten.
Das Pancolar-Objektiv mit der Lichtstärke 2 wurde zwischen 1962 und 1965 gebaut, bevor der Typ bis auf Offenblende 1,8 erweitert wurde. Es war eine Weiterentwicklung des Biotar. Die Brennweite konnte von 58 auf standardgemäße 50mm verkürzt werden. Die Linse ist selbst aus heutiger Sicht ein Spitzenobjektiv mit sehr guten Abbildungsleistungen.
Nachdem Zeiss West der geplagten DDR-Fotoindustrie den Markennamen Biotar auf juristischem Wege abspenstig gemacht hatte, ließen die Jenenser Konstrukteure den Kopf nicht hängen, sondern gaben mit dem Flexon/ Pancolar die passende, dabei recht erfolgreiche Antwort. Das lichtstärkste Pancolar wurde ein 1,4er Objektiv, dass 1963 für die Pentacon Super entwickelt wurde, einer Kamera, die nach dem Auslaufen der Praktina die Profischiene bedienen sollte. Doch da waren die Japaner mit Nikon und Topcon längst auf der Überholspur.
Nach der sogenannten Jubiläumsexakta mit geprägter Schrift wurde ab 1961 die Frontplatte der IIa verändert. Die Modelle erhielten nun ein aufgeklebtes scharzes Schild. Die Typenbezeichnung wurde mit kleinen Druckbuchstaben darunter eingestanzt, eine Maßnahme, die Kosten senken sollte.
Aus heutiger Sicht büßt sie optisch gegenüber den Vorgängermodellen einiges an Wertigkeit ein.
Ob damit auch Straßenfotografie geht, hat der Knipser bei gutem Wetter im Berliner Mauerpark probiert. Das 200mm Orestegor von Meyer Görlitz zeichnet recht weich u. ist prädistiniert für alle Arten von Portrait.
Mit der Exakta Varex IIb, die 1963 auf den Markt kam und bis 1967 gefertigt wurde, hatte sich die Ihagee nicht mit Ruhm bekleckert. Wirkliche Neuerungen gab es nicht. Die Japaner hatten mit der Topcon und der Pentax durch das neue TTL-Messsystem weltweit für Aufregung gesorgt. Diese Tendenzen fochten die DDR-Funktionäre nicht an. Lediglich die Praktica wurde in ihrer Entwicklung voran getrieben.
Die Zeitenreihe der IIb war auf die zeitgemäße geometrische Reihe aktualisiert worden. Während die Belichtungszeiten älterer Modelle die Werte 25, 50, 75, 100, 150, 200, 300 usf. im Zähler haben, stehen nunmehr Fix-Werte 15, 30, 60, 125, 250, 500 usw. an besagter Stelle. Man erreicht damit, dass sich bei jeder Verlängerung des Zeitwertes um eine Stufe der zur Verfügung stehende Lichtwert verdoppelt.
Einen Schwingspiegel gab es immer noch nicht. Die Verriegelung für das Prisma war verschwunden. Das von H.Neuhaus monierte lautere Hemmwerk ist in der Tat festzustellen, wenngleich der Unterschied zum Vorgängermodell nicht unbedingt dramatisch ist.Es mag als Zeichen dafür stehen, dass die Exakta ausentwickelt war. Fazit: Die Exakta IIb ist nicht besser als ihre Vorgänger, sondern sogar etwas schlechter.
Noch war man bei der Ihagee nicht am Ende und man glaubte möglicher Weise sogar an eine Zukunft, als man 1967 endlich eine Exakta mit dem längst überfälligen Rückkehrspiegel an den Start brachte. Auch sonst merkt man der VX1000 an, dass man gewillt war, an die Glanzzeiten dieser Kamera anzuknüpfen. Das Gehäuse war ein wenig modernisiert worden. Die schwarze Zierleiste an der oberen Gehäusekante, deren Lack nach längerem Gebrauch meist abblätterte, wurde durch eine voll verchromte Kappe abgelöst. Die Rückwand ließ sich durch einen seitlichen Schieber öffnen, statt wie bisher durch das Herausziehen der Filmspul-Arretierung.
Auch die Sucherverriegelung war an ihren alten Platz zurück gekehrt. Die bisweilen bemängelte Streuung hinsichtlich der Qualität lässt sich wohl heute kaum noch hinreichend nachweisen, da es oft so ist, dass einmal lieb Gewonnenes nur mit Unbehagen aufgegeben und das Neue dafür als minderwertig attributiert wird. Jedoch hatte sich außer dem beweglichen Spiegel, der längst keine Innovation mehr darstellte, nichts getan.Der Fotoapparat war angesichts der japanischen Konkurenz und der im eigenen Lande technisch veraltet, umständlich zu handhaben und vom Bedienkomfort her von einer Pentax Spotmatic oder Praktica Mat weit entfernt.
1969 brachte die Ihagee ein Sparmodell heraus, die VX500. Sie war die letzte Exakta, die zumindest der Form nach an die ruhmreiche Kine-Exakta erinnerte. Die wirklich allerletzte in der DDR konzipierte Kamera dieses Namens war die RTL1000, technisch ein Zwitter zwischen Praktica und Exakta, aber das ist bereits ein anderer Teil der Geschichte. Die Ära der traditionsreichen Marke war mit deren Auslaufen 1973 zu Ende. Jahrelange Rechtsstreits mit Steenbergs Erben, die vor westlichen Gerichten ausgetragen werden mussten und allesamt, zuletzt 1969, verloren gingen, hatten die Verantwortlichen in der DDR zermürbt.
In der Bundesrepublik wurden die Apparate als Elbaflex in den Versandhäusern verramscht. In America durften sie nicht als Varex, dafür nur mit der Aufschrift „Germany (East)“ oder gar „USSR occupied“ verkauft werden.
Die VX500 war als preiswerte Version gedacht und deutlich eingeschränkt in der Ausstattung. Es gab weder ein Hemmwerk noch einen Selbstauslöser. An irgend eine Form integerierter Belichtungsmessung war bei der Exakta bauartbedingt nicht zu denken. Der aus heutiger Sicht etwas skuril anmutende Filmabschneider war eingespart worden. Die beim Vorgänger verchromt ausgeführten Zierleisten waren schwarz lackiert. Allerlei Rädchen, die einst mit großer Sorgfalt aus Metall gefräst worden waren, bestanden jetzt aus Plastik. Technisch war die VX500 ein Armutszeugnis. Die längste Belichtungszeit war 1/30stel Sekunde, die kürzeste 1/500stel. Das entsprach gerade mal dem Standard sowjetischer Spiegelreflexkameras und unterlag der kleinen Schwester EXA500 von 1966 ganz klar.
Genug gemeckert! Man kann auch mit der VX500 schöne Fotos schießen. Die tollen Objektive passen selbstverständlich und wenn man ein intaktes Modell erwischt, ist sie genauso zuverlässig, wie ihre grandiosen Vorfahren.
Die im Herbst 1969 auf der Leipziger Messe vorgestellte Exakta RTL 1000 war die letzte auf ostdeutschem Boden entwickelte Exakta. Wie die zeitgleich erschienene Praktica L-Serie besaß sie einen Metallverschluss. Auch das Gehäuse hatte man den Prakticas entlehnt. Der trapezförmige Body, Markenzeichen der Ihagee seit Beginn der 30er Jahre, war Geschichte.
Endlich gab es eine Blendenautomatik. Freilich mussten nun die Objektivhersteller Objektive bauen, die für die Neuerung ausgerüstet waren, denn das alte Ihagee-Bajonett blieb erhalten. Das Prinzip Wechselsucher wurde beibehalten, war jedoch nicht kompatibel zu den Vorgängerinnen.
Zur Verwendung der älteren Linsen mit Blendenauslösung an der Seite gab es einen zweiten Auslöser auf der linken Seite.
An eine TTL-Messung war noch immer nicht zu denken. Hierfür entwickelten die Konstrukteure ein spezielles Prisma mit gekuppeltem Belichtungsmesser, was die ganze Apparatur zu einem unhandlichen Monstrum werden lässt. Die Kupplung verläuft rein mechanisch über einen kleinen Stift auf dem Zeiteneinstellrad.Aus heutiger Sicht wirkt die Kamera irgendwie zusammengestoppelt, ohne schlüssiges Konzept. Halbherzig wurden wichtige Neuerungen verbaut, ohne die damit verbundenen Vorzüge auszunutzen.
Die sehr seltene Kamera erzielt heute Preise jenseits der 1000€-Marke. Man ging ab 1970 dazu über, in Japan fertigen zu lassen (Exakta Twin TL – Cosina). Ab 1976 baute Petri die Exakta TL 500 und die vorliegende TL 1000, zeitgemäße Apparate, die sich am internationalen Mainstream orientierten, erkennbar z.B. am M42 Objektivanschluss. Noch im gleichen Jahr kam das endgültige Aus. Ihagee West meldete am 29. September 1976 Konkurs an.
Die Ihagee Dresden wurde ab 1964 sukzessive dem VEB Pentacon unterstellt. Parallel dazu hatten Steenbergens Erben 1969 den Prozess um Namensrechte endgültig gewonnen, so dass DDR-Exaktas auf den westlichen Märkten nicht unter der Bezeichnung vertrieben werden konnten.
Gleichzeitig etablierte sich über Umwege Frankfurt/M und München die Ihagee West, die ab 1967 in West-Berlin ihren Stammsitz einnahm. Man vesuchte sich bereits 1966 an einer Kamera, die an die glorreichen Zeiten anknüpfen sollte. Der Exakta Real war jedoch kein Erfolg beschieden. Nach kurzer Zeit verschwand das Modell nahezu unbemerkt aus den Geschäften.
Die Exakta HS-2 wurde von 1983-88 bei Cosina in Japan gefertigt. Eigentlich handelt es sich um eine CT1, die für den internationalen Markt mit dem klingenden Namen veredelt werden sollte. Verwendung fand das Pentax-K Bajonett, dass aufgrund fehlender Einschränkungen von etlichen Herstellern gern verbaut wurde. Pentax selbst versprach sich von dieser eher nicht üblichen Strategie bessere Vermarktungschancen für die eigenen, teils sehr hochwertigen Linsen. Freilich profitierten zahllose Objektivhersteller von der Herangehensweise gleichermaßen.
Die HS-2 ist keine schlechte Kamera. Kompakt, handlich und präzise verarbeitet liefert sie mit dem beigegebenen Zoom-Objektiv 35-70mm ansprechende Ergebnisse. Mit 1/2000s als kürzester Verschlusszeit dürfte sie sich im Feld der preiswerten Mitbewerber gut geschlagen haben. Eine Besonderheit, die Beachtung verdient, ist die Auslösesperre. Liegt der Aufzugshebel an, ist ein Auslösen nicht möglich. Erst ein Aufklappen etwa 10mm in Aufzugsrichtung gibt den Verschluss frei. Der Belichtungsmesser ist simpel aber funktional. Über eine innere Leuchtdiodenanzeige +/- lässt sich der korrekte Belichtungswert über Blende oder Verschlusszeit ermitteln.